Liste – was kann ich tun

Privat

  • Aufladbare Batterien kaufen und verwenden (außer in Uhren, dort ist die Selbstentladung dieser Batterien zu groß und würden ihren Unmut, diese zu nutzen unnötig erhöhen)
  • Fleisch an der Theke, und nicht im Styropor oder Plastik kaufen
  • Recyceltes Papier nutzen / einseitig bedrucktes Papier als Schmierpapier verwenden
  • Briefumschläge ohne Plastikfenster nutzen. Ansonsten erschwert dies das Recycling und es reduziert die erreichbare Qualität
  • Falls vorhanden, schalten sie die Lüftungsanlage ab, wenn die Außentemperatur über 15 °C liegt. Sie verschwendet dann nur noch Strom
  • Leitungswasser trinken anstelle von in Plastikflaschen herbei geschleppes Wasser, das mit Weichmachern angereichert ist. Wir betreiben einen irrwitzigen Aufwand, damit Trinkwasser aus dem Wasserhahn kommt, nur damit es nicht getrunken wird
  • Einen Deckel auf den Topf legen reduziert den Strombedarf um 6% und wahrscheinlich drehen sie die Herdplatte kleiner, weil sie nur dabei sind Wasser zu verdampfen, anstelle Wasser bei circa 100°C zu halten. Wenn ein Gramm Wasser verdunstet, dann entzieht dies dem Wasser so viel Wärme, als würden sie fünf Gramm Wasser von 0°C auf 100°C erwärmen
  • Kaufen sie Qualität statt Quantität; Füllfeder oder Austauschminen statt Wegwerfkugelschreiber
  • kaufen sie bevorzugt von Marken, die nicht an Tieren testen. Das Internet bietet unzählige Möglichkeiten, sich zu informieren.
  • Reagieren sie auf Meldungen aus den Medien. Verursacht ein Tanker eines Ölkonzerns einen Umweltschaden oder ist ein Bohrloch nicht dicht, meiden sie die belieferten Tankstellen – auch wenn es nur kurzfristig ist und andere Tankstellen nicht wirklich besser sind – die Botschaft wird unmissverständlich sein. Wenn ein Markenname genannt wird, wenn eine Kleiderfabrik einstürzt, kaufen sie – auch wenn nur kurzfristig – woanders ihre Kleider. Es muss eine Reaktion geben, ansonsten sind wir mitschuldig
  • Nahrungsmittel auch dann kaufen, wenn sie einen optischen Makel haben. Eingedrückte Verpackungen schädigen nicht zwangsläufig den Inhalt. Äpfel ohne eine ebenmäßige Oberfläche sind immer noch Äpfel. Wer „perfektes Aussehen“ von Obst und Gemüse verlangt, hat von Nahrung keine Ahnung und sollte dringend aus seiner Scheinwelt einmal in die frische Luft. Wenn wir wegsehen, wenn wir einen optischen Mangel erblicken, sorgen wir dafür, dass es weggeschmissen wird. Nicht der Supermarktbetreiber schmeißt Lebensmittel weg – das tut ausschließlich der Käufer!
  • Ein Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Maximalhaltbarkeitsdatum, und Lebensmittel die dieses erst genannte Datum überschritten haben, gehören nicht zwangsläufig in den Müll. Vieles davon könnte gar noch Jahre danach unbedenklich verspeist werden

Unternehmen

  • Austausch der Papierspender im Sanitärbereich gegen Lufttrockner zum Händetrocknen
  • kein fließend Warmwasser zum Händewaschen; Komfortansprüche überdenken
  • Beschwerden über zu kühle Raumtemperaturen ignorieren, wenn derjenige, der sich beschwert nicht angemessen gekleidet ist, ggf. diesen zurecht weisen. Viele Techniker handeln nicht im Interesse des Unternehmens, sondern werden durch die Beschwerden getrieben, irrwitzige Forderungen zu erfüllen, die entgegen der Vernunft sind
  • Organisieren sie interne Seminare, in denen sie die Belegschaft sensibilisieren und motivieren
  • Kommunikation des jährlichen Energieverbrauchs an die Belegschaft und die Öffentlichkeit mit Dokumentation der Entwicklung

Gemeinden

  • Auffangbehälter für Regenwasser neben Schulen oder anderen großen Gebäuden zur Abdeckung der dezentralen Bewässerung von öffentlichen Grünanlagen
  • Aufstellen von öffentlichen „Mülleimern“, die geeignet sind Müll zu trennen
    • Zur Sensibilisierung
    • Reduktion des individuellen Aufwandes verantwortungsbewusst zu handeln
  • Veröffentlichen des aktuellen und historischen Energieverbrauchs aller Gebäude zur Sensibilisierung
  • Gesonderte Abfuhr der Biomasse inklusive Rasenschnitt zur Nutzung in gemeinschaftlichen Biogasanlagen mit Verpflichtung der Landwirte zur Bereitstellung der Gülle
  • Ausschreibung des Heckenschnitts längst Straßen und Wegen an Landwirte und anschließende Aufbereitung des Schnittgutes
  • Organisation von individuellen Wanderungen der Gemeinschaft an definierten Strecken wie Fahrradwegen, oder Landstraßen an autofreien Sonntagen zur individuellen Müllaufsammlung und organisierten Abfuhr
    • Steigerung des Gemeinschaftsgefühls
    • Gesteigerte Wahrnehmung der Bedeutung der eigenen Handlung
    • Vereinfachung der freiwilligen Übernahme von Verantwortung
    • Gesteigertes Bewusstsein der Umweltverschmutzung
    • Möglichkeit zum vereinfachten Erlangen von subjektivem Nutzen
    • Gesteigerte soziale Druck gegen Umweltverschmutzung
    • Verdeutlichung des Unsinns der „einer-alleine-kann-nichts-ändern-Mentalität“

Die Macht des Konsums

Wir leben in einer kapitalistischen Welt. Die erste und wichtigste Grundregel lautet „Geld regiert die Welt“. Jeder, der die Welt beeinflussen möchte und gegen diese Grundregel verstößt, verstößt gegen unser System und ist zum Scheitern verurteilt.
Bis heute haben die Menschen kein System gefunden, das ihren Bedürfnissen, Vorstellungen und inneren Trieben so nahe kommt, wie dieses System. Mit von Individuen gezahlten Steuern in einen gemeinsamen Topf ermöglicht sich die Gesellschaft, mit dem Staat als ihren Repräsentanten idealerweise für Chancengleichheit zu sorgen und all jene Bedürfnisse zu erfüllen, die nicht durch die freie Marktwirtschaft abgedeckt werden können. Dessen, dass es hierbei Diskrepanzen zwischen dem eigentlichen Ziel des Staates und der Realität gibt, bin ich mir durchaus bewusst. Das ist allerdings nicht Thema dieses Textes.
Wenn Geld also die Welt regiert, so besitzt jeder, der über Geld verfügt auch Macht. Damit einher geht Verantwortung. Jedes Mal wenn wir uns entscheiden Geld auszugeben, üben wir Macht aus. Zu behaupten, dass diese Macht unbedeutend klein ist, kommt es der Aussage gleich, dass Demokratie bedeutungslos ist, weil auch bei einer Landeswahl ist die einzelne Stimmabgabe absolut wirkungslos.
Dabei ist die Macht des Geldes allgegenwärtig. Dazu reicht ein Besuch in einen Supermarkt. Ein Blick durch die Regale lässt erkennen, was wir durch unsere Macht erreichen. Das was dort steht, ist das, was wir wollen. Auch wenn wir uns im Vorbeigehen manchmal wundern und uns die Frage stellen, wer so ein Zeug kauft – es wird gekauft, sonst stünde es nicht dort. Genau das stellt die Macht dar, die sich aus unserem Konsum ergibt. Zwar können die Industrie durch Marketing und der Supermarkt durch seine Auswahl einen nicht unbedeutenden Einfluss nehmen, aber die Entscheidung liegt bei uns. Schwindet das Interesse für ein Produkt wird der Supermarktbetreiber gehörig dem Diktat der Konsumenten folgen und es aus dem Sortiment entfernen. Das ist das oberste Gesetz des Kapitalismus und es ist unanfechtbar und es grenzt den Kapitalismus von der Planwirtschaft ab, wo es dieses Gesetz nicht gibt.
Dabei ist es jetzt wichtig, dass die Macht richtig verstanden wird, denn so wie ich es hier beschrieben habe, beschränkt sich diese auf ein Vetorecht mit dem wir im Supermarkt einen Artikel aus dem Angebot entfernen können. Prinzipiell gibt es aber keinen direkten Mechanismus um neue Artikel gezielt zu wählen. Leerstellen im Regal werden nach Gutdünken des Supermarktbetreibers (und dem Angebot der produzierenden Unternehmen) gefüllt, woraufhin der Kunde erneut das Vetorecht genießt. Das bedeutet, dass die Angebotsseite Artikel vorschlägt und der Käufer anschließend wählen kann.
Die Unternehmen produzieren das, was sie können und wollen und von dem sie ausgehen, dass es gekauft wird. Darin enthalten ist nicht zwangsläufig das, was der Kunde haben möchte. Und dabei werden die Unternehmen es so produzieren, wie sie es möchten ohne dadurch den Kauf zu gefährden. Das bedeutet, dass es dem Unternehmen völlig gleichgültig sein kann, ob bei der Produktion gegen Menschen- oder Tierrechte verstoßen wird, ob die Umwelt belastet wird oder ob Schadstoffe im Produkt enthalten sind – solange der Kunde seine Produkte kauft und von seinem Vetorecht keinen Gebrauch macht. Durch geschicktes Marketing können Unternehmen den Spieß sogar umdrehen und dem Kunden den Wunsch aufdrängen etwas haben zu wollen. Der unmündige Konsument ist dazu gern bereit, weil es ihm damit erspart bleibt sich für eine Entscheidung zu rechtfertigen und Verantwortung zu übernehmen. Damit verpufft die Macht des Geldes beim Konsumenten.
Zu sagen was man möchte, kann im Rahmen von Marktanalysen dazu führen, dass neue Produkte geschaffen werden, die den Wünschen der Kunden entsprechen. Dies schafft aber nur einen kurzfristigen und oftmals schwachen Reiz, um die Produktion im großen Still umzustellen. Dies vermag einzig und allein die Macht das Geldes, indem diese neuen Produkte gekauft werden, und die gesteigerte wahrgenommene und wertgeschätzte Qualität honoriert wird, und andere nicht gekauft werden. Frei nach dem Motto: bestrafe den Bösen, belohne den Guten. Wenn wir wollen, dass die Näherinnen unserer Kleider nicht am Arbeitsplatz verbrennen, dann dürfen wir die Kleider der entsprechenden in den Medien kursierenden Unternehmen nicht kaufen. Kaufen wir sie doch, dann wollen wir, dass die Näherinnen verbrennen. Wollen wir nicht, dass unser Treibstoff in verrosteten Öltankern antransportiert wird, dürfen wir nach einem Tankerunglück oder einem undichten Ventil am Meeresgrund nicht bei den entsprechenden Tankstellen tanken. Ansonsten sind wir Mittäter, denn was auch immer zum Kauf angeboten wird, es ist nur das, was wir wollen. Das ist die Macht des Geldes und das oberste Gesetz unserer kapitalistischen Welt. Die Welt ist so, wie wir sie haben wollen, denn jeder Euro, Dollar oder Yen ist ein Vetorecht, ob wir dieses nutzen wollen, liegt einzig und allein bei uns. Geld bedeutet Macht und damit auch Verantwortung.

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rücksichtslose Fahrkultur

Wenn wir uns die Situation auf unseren Straßen anschauen, dann spiegelt sich darin viel von unserem Verhalten als Gesellschaft wieder. Es ist eine Form eines geduldeten zivilisierten Krieges mit klaren Regeln und eines individuell gesteuerten Triebes, als erster ankommen zu wollen.

Wir beklagen, dass es zu viel Verkehrsaufkommen gibt, längst nicht mehr nur zu Stoßzeiten. Stau, Unfälle und Verkehrstode sind die Folge.

Wenn wir uns bewusst werden, dass das Errichten und Unterhalten unseres Straßennetzes ein gemeinschaftliches Projekt unserer Gesellschaft ist, mit dem Staat als unser Repräsentant, wirkt es etwas bizarr, dass flüssiger Verkehr allzu oft dadurch scheitert, dass es an gesellschaftlichem Handeln oder ebensolcher Verantwortung mangelt. Dabei meine ich nicht, dass es an Regeln mangelt. Will man das Problem ergründen, sollte man auch nicht lapidar behaupten, es läge daran, dass die Regeln nicht befolgt werden. Klar, das ist eine Tatsache, aber ich bin der Auffassung, dass es nicht das Problem, sondern vielmehr ein Symptom für die eigentlichen Probleme darstellt.

Das bewusste, und auch das unbewusste Missachten von Regeln, ob nun Gesetz oder Konsens (ungeschriebenes Gesetz), ist für mich eine Frage der Einstellung eines jeden Individuums und in der Summe auch eine Frage der Fahrkultur auf der Ebene der Gesellschaft. Doch warum fahren wir, wie wir fahren? Und wie reagieren wir oder vielmehr der Staat auf augenscheinliche Probleme und was können wir daraus über das Verständnis des Staates schließen?

Solange der Mensch Handlungen durchführt, wird es auch Unfälle geben. Das gilt uneingeschränkt auch für das Autofahren. Trotz aller Regeln und selbst, wenn sie alle mit Überzeugung befolgt würden, gäbe es noch Unfälle. Es gibt Unfälle, die passieren aufgrund von Leichtsinnigkeit, sei es Ungeduld, Stress oder Übermütigkeit. Und nicht zuletzt gibt es fahrlässig ausgelöste Unfälle, die meistens sehr eng mit Regelverstoß zusammenhängen.

Davon unabhängig gibt es ungünstige Straßenführungen, die alle anderen Unfallursachen begünstigen. Seien es rechtwinklig zu viel befahrenden Hauptstraße mündende Autobahnausfahrten oder Kreuzungen in unübersichtlichen Zonen.

Jeder Autofahrer dürfte wohl Straßenbereiche kennen, die besonders unfallträchtig sind. Es gibt nicht wenige Menschen, die entwickeln bewusst oder unbewusst Lieblingsstrecken, indem sie solche Bereiche meiden, weil sie möglicherweise selbst heikle Situationen dort erlebt hatten und diese Beinaheunfälle nicht wiederholt haben wissen.

Wenn zu beobachten ist, dass an einer Stelle gehäuft Unfälle geschehen, dann folgt oft, dass die Verkehrsschilder so geändert werden, dass die Maximalgeschwindigkeit reduziert wird. Das klingt zunächst auch einleuchtend, weil je langsamer man fährt, umso eher kann man reagieren, um einen Unfall zu vermeiden. Was ist aber an den Stellen, wo beispielsweise Tempo 90 erlaubt ist und Unfälle passieren, wo der Unfallverursacher mit 120 km/h unterwegs war oder er mit 140 km/h gegen einen Baum gerannt ist? An solchen an und für sich ungefährlichen Strecken wird dann trotzdem gerne versucht mit Tempo‑70-Schildern den Unfällen entgegen zu wirken. Erstaunlich, dass es beim Staat Menschen gibt, die glauben, dass man das Nichtbefolgen von Gesetzen dadurch behebt, dass man Gesetze ändert und Bewegungseinschränkungen einführt, die keine Relevanz haben. Im Prinzip wird dieses nicht sinnvolle Tempo‑70-Schild zwei Konsequenzen haben, die meist ignoriert werden, weil sie nicht messbar sind. Es wird Fahrer geben, die sich an die neue Tempolimitierung halten werden, obwohl es dazu keine Begründung gibt. Dadurch werden Raser, aber auch vernunftgesteuerte Menschen bei der Fortbewegung behindert. Sie fühlen sich – zurecht – belästigt und ausgebremst und es liegt in der Natur des Menschen darauf mit einem gewissen Maß an Aggression zu reagieren und einen Stressfaktor in den Verkehr einfließen zu lassen, der unnötig ist. Das Gefühl, dass Krieg auf den Straßen herrscht wird verstärkt und das allgemeine Unfallrisiko auch anderenorts erhöht. In meinen Augen ist aber die zweite Konsequenz umso dramatischer. Dadurch, dass die Tempolimitierung unter ein Maß abgesenkt wird, das für die Verkehrssicherheit sinnvoll ist, wird die Regel als einen staatlichen Zwang empfunden, der nicht damit vereinbar ist, dass die Gesetze dazu da sind gesellschaftliche Interessen zu schützen. Fatal ist, dass dadurch die Warnwirkung von Verkehrszeichen verloren geht und das Befolgen der Verkehrszeichen auf einen Selbstzweck reduziert wird. Die normale Reaktion, wenn man eine Tempobeschränkung bemerkt müsste sein: Achtung, bitte fahr vorsichtig, es kommt eine unübersichtliche Biegung, Kreuzung oder Ausfahrt und es ist sinnvoll das Tempo zu reduzieren. Stattdessen degradiert sich durch das leichtfertige Setzen von Verkehrszeichen deren Botschaft auf: Achtung, wenn du jetzt nicht bremst, dann kann die Polizei dich abzocken. Dadurch wird dem Befolgen von Verkehrszeichen ein monetärer Wert zugesprochen, der dem Erwartungswert der Bestrafung entspricht. Dieser ist nicht das Bußgeld, sondern das Produkt aus Bußgeld und der Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden.

Die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden hängt davon ab, wie oft kontrolliert wird. Bei Einheimischen sind die Abzockstellen der Polizei bekannt, sodass die Hemmschwelle sinkt, an anderen Stellen zu schnell zu fahren. Zudem ist es kein gesellschaftliches Interesse sich prinzipiell an Verkehrsschilder zu halten. Das Hauptinteresse gilt dem Vermeiden von Strafgebühren. Deshalb solidarisiert sich die Gesellschaft gegen den Staatsapparat und warnt den Gegenverkehr, wenn Polizeikontrollen entdeckt worden sind. Radiostationen und Internetportale werden fleißig mit den Kontrollstellen gefüttert. Auch wenn die Polizei inzwischen aus der Not eine Tugend macht und aus eigener Initiative ihre Kontrollen offiziell ankündigt, um zu zeigen, wie präsent sie ist und dadurch die empfundene Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden, steigern möchte, so bleibt es dabei, dass es ein waffenloser Krieg ist. Individuum gegen Individuum und Gesellschaft gegen Staat (der nichts weiter sein sollte als der Repräsentant der Gesellschaft). Verkehrssünder werden von der Gesellschaft nicht als Straftäter angesehen, sondern als Märtyrer. Durch jedes unnütze Verkehrszeichen, jede unsinnige Beschränkung und jede Kontrolle an ungefährlichen Stellen steigt die wahrgenommene Rechtfertigung der Verkehrszeichen als Gelddruckmaschine des Staates und es sinkt das empfundene schlechte Gewissen, wenn man sich nicht an die Gesetze hält. Daraus kann man schließen, dass der Staat die Gesellschaft als Gegner betrachtet und sie nicht ernst nimmt – es geht um Macht und das scheinheilige „Es geht um die Sicherheit der Bürger“ ist nur eine Maske.

Raser müssen bestraft werden, aber nicht pauschal die Gesellschaft, weil die erste Forderung an das Verkehrssystem ist und bleibt, dass man so schnell wie möglich von A nach B gelangen kann. Wenn diese Freiheit beschnitten wird, muss es immer einen triftigen Grund geben.

Wir brauchen eine sensibilisierte Gesellschaft, die weiß, dass Verkehrszeichen einzig und allein zu ihrem Schutz existieren und nicht aufgrund von sozialer und psychologischer Inkompetenz und Kriegsführung des Staatsapparates.

Das allein wird allerdings noch nicht das Problem lösen, dass sich gehäuft nicht an die Verkehrsordnung gehalten wird. Das hat weitreichendere Einflüsse als solche, die durch Regeln erfasst werden können. In meinen Augen ist es zu einem großen Teil ein gesellschaftliches Problem und hier vor allem auf sozialer Ebene.

Es beginnt mit dem Image des Autos als Status- und Machtsymbol. Mit geringer PS-Zahl unter der Haube wird man schnell mitleidig von oben herab betrachtet. Warum man aber bei dem heutigen Verkehr 200 PS und mehr braucht, wird nicht hinterfragt. Je mehr Lärm es macht, umso neidischer sind die Blicke. Dabei ist Lärm im Maschinenbau stets ein Zeichen für Ineffizienz. Sei´s drum. Diese Denkweise begünstigt die rücksichtslosere Fahrkultur, aber sie erklärt sie noch nicht. Vielmehr ist es ein psychologisches Problem, welches aus den sozialen Problemen unserer Gesellschaft erwächst. Denn der rücksichtslose oder etwas aggressivere Fahrstil dient als Ventil für Emotionen, die in unserer „harten“ Scheinwelt nicht abgebaut werden können, weil wir sonst als weichlich dargestellt werden. Wir müssen funktionieren und stark erscheinen. Und dabei ist das Autofahren ein hervorragendes Ventil, weil dadurch, dass man sich Anderen gegenüber gleichgültig zeigt oder diese gar unter Druck setzt (drängelt), wird man in unserer Gesellschaft als hart angesehen und dadurch geachtet – auch und vor allem wenn es asozial ist.

Hinzu kommt die zunehmende Kontrolle und Bevormundung durch die Gesellschaft und den Staat. Autofahren ist dabei eine der letzten Bastionen der Selbstbestimmung und PS-Stärke ein als solches empfundenes Freiheitsmaß. Zwar gibt es Regeln, aber in dem Moment in dem man das Gaspedal runterdrückt und eine erschrockene Oma vor einer Kurve überholt, ist man mächtig. Krieg ist Krieg und unser Fahrstil ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft mit ihrem asozialen Verhalten und Regeln, die ihrer selbstwillen da sind, oder weil Beamten diese aus Trotz in die Landschaft pflanzen.

Klimabündnis

In vielen Gemeinden wird man dieser Tage mit einem Klimabündnis-Schild begrüßt und stellt sich die Frage, was außer einem öffentlichen Bekenntnis, das Ganze zu bedeuten hat.
Sicherlich soll es darauf hinweisen, dass Umweltschutz in den Entscheidungen der Gemeinde großgeschrieben wird.
Erstaunlich dabei finde ich einige Kuriositäten, die einem schnell diese Illusion rauben können. Dabei zweifele ich keineswegs an, dass vielerorts versucht wird Energie einzusparen. Manchmal scheint dieses Gedankengut allerdings außenvor zu bleiben.
Ein Beispiel, das ich anführen möchte betrifft den Verkehrssektor in dem unterschiedliche Anforderungen aufeinander stoßen. Grundsätzlich geht es dabei darum schnell und so bequem wie möglich von A nach B kommen zu können. Für ein Individuum ist dies nicht sonderlich schwierig. Umso mehr aber, wenn viele auf unseren Straßen unterwegs sind. Dann müssen wir dafür sorgen, dass der Verkehr möglichst flüssig von statten geht und die Sicherheit der Teilnehmer sowie der Unbeteiligten gewahrt bleibt. Dass der Verkehr für einen Hauptteil unseres Energiekonsums und mehr noch für die Umweltbelastungen verantwortlich ist, sollte den meisten bewusst sein.
Aber was ist, wenn sich Interessen scheinbar entgegen stehen. Was ist, wenn Individualverkehr als Problem angesehen wird und deshalb fließender Verkehr als unwichtig postuliert wird, wie es einige selbsternannten „umweltfreundlichen Politiker“ gern tun. Sollen dann mehr Staus dazu verleiten, weniger Auto zu fahren? Frei nach dem Motto: Wenn Autos länger im Stau stehen, werden weniger Autos benötigt, um die gleichen Umweltbelastungen hervorzurufen. Wollen wir Krieg auf den Straßen, damit man resignierend den Bus nimmt, um nicht am Steuer zu sitzen, wenn man mitten im Stau steckt? So scheint es zumindest von einigen Umweltpolitikern angedacht.
Ein anderer Konfliktbereich ist bei dem Thema Sicherheit zu finden, welche zweifellos durch die zunehmende Verkehrsdichte, aber auch durch eine scheinbar rücksichtslosere Fahrkultur bedroht wird.
Ein generelles Fahrverbot ist nicht realistisch, weil ein zu hoher gesellschaftlicher Nutzen davon abhängt. Das bedeutet folglich auch, dass ein gewisses Risiko für die Sicherheit in Kauf genommen werden muss. Aber natürlich auch, dass im Rahmen des sinnvollen das Sicherheitsrisiko reduziert wird. Auf jeden Fall ist es aber legitim und auch notwendig, dafür Sorge zu tragen, dass die allgemeinen Regeln, die erstellt werden, um einen fließenden und sicheren Verkehr zu ermöglichen, eingehalten werden.
Bei dem Wie scheiden sich allerdings die Geister. Grob kann man unter aktiven und passiven Systemen unterscheiden. Wobei aktiv jene Maßnahmen sind, die Individuen einzeln kontrollieren und bestrafen können, das heißt mobile oder fixe Radarkontrollen.
Passive Systeme meinen jene Maßnahmen, die ohne Mensch oder Technik auskommen. Sie werden einmal errichtet und beeinflussen sodann den Verkehr. Das können Hindernisse, wie etwa Rampen sein, Verengungen oder eine Umlenkung der Fahrspur mittels Verkehrsinseln sein. Sie messen und kontrollieren nichts und sie bremsen auch nicht zwangsläufig den Verkehr, aber sie verleiten den Fahrer dazu sein Tempo zu reduzieren.
Diese drei passiven Systeme werden zunehmend in Dorfeingängen vorgesehen, weil sie dort helfen sollen Raser auszubremsen, sodass sie in einem angemessenen Tempo in das Dorf hineinfahren. Natürlich verhindert es nicht, dass die Autofahrer hinter der Vorrichtung erneut beschleunigen und andere Verkehrsteilnehmer und Anwohner gefährden.
Es geht dabei aber nicht um eine 100 %-ige Sicherheit. Mutwillige Raser wird es nicht in den Dörfern vom zu schnell fahren abhalten. Aber jene Bleifüße, die aus Gewohnheit oder aus Unaufmerksamkeit zu schnell fahren, werden ausgebremst und sie werden verleitet bewusster durch das Dorf zu fahren. Es verringert die Chance, dass sich mit 90 km/h ins Dorf „ausrollen“ gelassen wird.
Hierbei möchte ich zwei Systeme behandeln und aufzeigen, wie schnell Ziele aus den Augen verloren werden, wenn sich auf ein Aspekt konzentriert wird.
Im Bild unten aufgezeigt sich zwei Alternativen zur unbehinderten Dorfeinfahrt. Nämlich eine aufgezwungene Biegung mit einer Begrünung in der Mitte und eine Fahrbahnverengung. Beide Systeme werden als „sicherheitssteigernd“ propagiert, weil sie entschleunigend auf den Verkehr wirken. Als kleine Randnotiz, weil es nicht im Fokus dieses Textes ist, Biegungen wirken immer auf jeden Verkehrsteilnehmer, während Verengungen nur dann Wirkung zeigen, wenn Gegenverkehr da ist. Ist bei der Verengung zu erkennen, dass Gegenverkehr anrollt, besteht gar der Anreiz zu beschleunigen, um der Wartezeit beim Stehenbleiben zu entgehen.
Betrachten wir beides aber nun einmal energetisch. Ziel ist es, dass im Dorf die Verkehrsteilnehmer nicht schneller als circa 50 km/h sind. Biegungen können das systematisch erreichen – Verengungen nicht. Hier muss – und sei es auch nur vorsichtshalber – ein Teilnehmer stehen bleiben und deshalb auf 0 km/h abbremsen, warten und erneut beschleunigen, wenn Gegenverkehr vorherrscht. (Also dann wenn die Maßnahme Wirkung zeigt.) Dieses Abbremsen und Beschleunigen stellt den Mehrverbrauch dar, der der Verengung angelastet werden muss. Die Biegung hat dem gegenüber ein Mehrverbrauch von näherungsweise 0 aufzuweisen, da der Umweg vernachlässigbar klein ist und kein Abbremsen auf unter 50 km/h notwendig ist.

Erstellen wir ein Szenario mit einem Auto:

Gewicht:                             m = 1 200 kg

Zielgeschwindigkeit auf die alle Autos „abgebremst“ werden sollen:

Geschwindigkeit             v = 54 km/h        =             15 m/s

Formel für kinetische Energie (Energie, die in der Bewegung gespeichert ist):

Energie                = ½ * Masse * Geschwindigkeit2

Energie, die ein Auto bei 54 km/h aufgrund seiner Geschwindigkeit gespeichert hat:

Energie                = ½ * 1 200 kg * (15 m/s)2

= 135 000 J

= 0,0375 kWh

Nehmen wir jetzt an, dass am Tag 2 000 Autos durch dieses Dorf fahren und jedes 4. Auto muss stehen bleiben. Dies wiederholt sich 250 Tage im Jahr.

Dann geht beim Bremsen pro Tag 18,75 kWh Bewegungsenergie verloren. Im Jahr sind das 4 687 kWh. Diese Energie muss beim Beschleunigen wieder aufgebaut werden, allerdings hat ein Auto einen Wirkungsgrad von circa 30 %. Also werden 15 625 kWh an Treibstoff benötigt, also 1 783 Liter Benzin pro Jahr. Das entspricht dem Benzinverbrauch eines Autos das 29 800 km fährt und das schlicht wegen eines Planungsfehlers.

In dieser Energieverschwendung ist aber noch vieles nicht berücksichtigt.

Es fehlen:

  • der Treibstoffverbrauch während der Wartezeit
  • der Verschleiß der Bremsen
  • der Verschleiß der Reifen
  • die Unfälle, die zu Materialschaden führen:
    • Energiebedarf der Produktion
    • Treibstoffverbrauch der Abschleppwagen

Und vor allem sind die sozialen Kosten zu berücksichtigen:

  • Erhöhte Gefahr für Passanten in der Nähe der Verengung
  • Erhöhte Gefahr für Fahrradfahrer
  • Gestresste Fahrer (steigern auch anderenorts die Unfallgefahr)
  • Lärmbelästigung der Anrainer wegen unnötigen Bremsvorgängen, Gehupe und Unfällen
  • Feinstaubbelastung durch Reifen- und Bremsabrieb, sowie durch unnötigen Treibstoffverbrauch

Wenn sie also sehen, dass so ein Unfug gebaut wird/wurde, dann wissen sie, dass da einer am Planen war, der von unserem Ziel als Gesellschaft keine Ahnung hat und stur einen Parameter verbessern wollte und dabei kein Interesse für etwas vergeudet, das nicht auf seinem Schreibtisch liegt oder seiner Verantwortung unterliegt. Warum so etwas erlaubt ist, weiß ich nicht, denn es gibt keinen Grund, der dafür spricht Verengungen einer Verkehrsinsel vorzuziehen.