Er stand vor dem Fenster und sah raus. Hinter ihm loderte hell und gierig das Feuer im Kamin. Gute alte Buche war in einer Nische in der Wand aufgestapelt. Eineinhalb Meter hoch, ein Meter breit bis obenhin gefüllt. Ebenso der Kamin, doch die Flammen waren gewillt das Holz zu verzehren.
Davon bekam der Mann nichts mit. Seine Aufmerksamkeit galt dem Ende des Winters. Er mochte die Zeit nicht in der er zur Tatenlosigkeit verdammt war. Er mochte die Kälte nicht, dann schmerzte immer sein Knie.
Wenigstens war der Schnee am Schmelzen. Nur oben am Hügel vor dem Wald wollte der weiße Teppich nicht weichen. Der Rest der Felder war matschig, durchweicht und schmierig. Es würde noch Tage dauern, bis er sich raus wagen könnte. Das Alter hatte seine Beine geschwächt. Es strengte ihn an, so dazu stehen und so stützte er sich gegen die Couch. Seine sehnigen Finger krallten sich in die Polsterung.
Viele Stunden verbrachte er mit Warten. Er harrte den Winter über aus und lauerte auf die Zeit, wenn er nach draußen konnte.
Der Frühling kam dieses Jahr nur langsam und der Mann ging viele Male hoch zu seinem Obsthain bevor er sah, dass die Blätter der meisten Bäume sprossen. Zwei waren dem Winter zum Opfer gefallen. Oder dem Alter. Der Mann blickte finster drein, dann sprach er zu sich:
„Der Winter ist diesmal richtig hart gewesen. Vielleicht erholen die sich wieder.“
Auch an den anderen Bäumen war die Zeit nicht spurlos vorbei gegangen. Der alte Mann bemühte sich abgestorbene und von Krankheiten befallene Äste abzusägen. Doch mehr als ein paar schaffte er nicht an einem Tag. Die Dicken vermochte er ohnehin nicht mehr zu sägen. Deshalb hatten die letzten Stürme sich derer angenommen. Eigentlich hätte er im vergangenen Herbst diese Arbeit machen müssen, jedoch hatte ihn da eine schwere Krankheit ans Bett gefesselt.
Die Blütenpracht entschädigte ihn als der Frühling gänzlich eingetroffen war und die Nachmittagssonne seine Spaziergänge begleitete. Oben am Hain blieb er oft und lange stehen und blickte hinunter ins Dorf. Er schwelgte ihn Gedanken. Er erinnerte sich an früher, wie das Dorf damals war, nicht so hektisch. Damals war noch gearbeitet worden. Er ein junger Mann, strotzend vor Kraft.
Allmählich kam der Sommer und bald darauf das nächste Ärgernis. Die Früchte reiften heran und er war nicht mehr allein im Hain. Herrscharen an Vögel kamen aus allen Richtungen und machten sich über das Obst her. Er wollte Netze spannen, doch das schaffte er längst nicht mehr. Er zog einen Holzklotz unter einem Baum hervor und nahm darauf Platz.
Morgens kam er früh rauf, abends ging er erst spät ins Tal. Seine Schrotflinte lag glänzend auf seinem Schoß. Die im Dorf wunderten sich nicht, wenn ein Schuss zu hören war. Dieser Klang gehörte für sie zum Sommer dazu. Selten hatte ein Vogel das Pesch getroffen zu werden. Erschrocken flogen sie aus den Bäumen hervor und ließen sich anderenorts nieder. Lange währte der Frieden aber nicht. Nicht immer schoss der alte Mann, manchmal gab er sich damit zufrieden sich zu ärgern und die Vögel zu verfluchen.
Nur wenn sich einige Kinden sich den Spaß erlaubten, sich heran zu schleichen, um von den Kirschen zu naschen, sprang er auf und ließ sich ab und an mal dazu verleiten, ihnen einige Schritte hinter her zu laufen und zu brüllen. Oft kam das aber nicht vor.
Endlich war es so weit. Das Obst gänzlich reif, genoss er dessen Süße und pflückte sich jeden Tag einen kleinen Eimer. Seine Frau fror die Kirschen für schlechte Tage ein, backte Kuchen, kochte Marmelade. Viele Kilos schleppte er nach Hause.
Doch egal wie viel er davon trug, den Bäumen war es nicht anzumerken. Ihre Äste bogen sich unter der Last ätzend weit nach unten. Einige brachen ab.
Es tat ihm weh das mit anzusehen. Die Früchte faulten am Baum oder fielen herab. Keinen schien es zu interessieren. Er blickte runter ins Dorf. Alle faul. Wie konnte man nur all das Obst verschmähen. Er verstand die Welt nicht mehr und er war wütend. Er fühlte sich ohnmächtig in dieser verderblichen Welt. Alles sichte vor sich hin. Die Sonne stand hoch über ihm und kochte den Saft. Es gährte während das Surren der Hornissen die Luft erfüllte.
Ein Gedanke zu “Nichts als Arbeit”